Emmaus-Nikopolis

Epoche der Mameluken (1260-1516)

Nach ihrem Sieg über die Mongolen im Jahre 1260 (in der Schlacht von Ain Dschalut in der Nähe von Nazareth) dehnten die Mameluken von Ägypten ihre Herrschaft über Syrien und Palästina aus. In dieser Zeit wurden viele Kirchen und heilige Orte der Christen zerstört. 1291 nahmen die Mameluken die letzte Festung der Kreuzfahrer im Heiligen Land, die Stadt Akkon, ein. Wir wissen nicht, was aus der Kreuzfahrerkirche von Emmaus in dieser Zeit geworden ist, denn es wird während der ganzen Periode der Mameluken in keinem Pilgertext etwas darüber erwähnt.

Seit Ende des 12. Jh. verehrten Muslime die Gräber von den Gefährten Mohammeds in Emmaus (Siehe: Epoche der Kreuzzüge). Im Kanada-Park, nahe von Emmaus, kann man das Mausoleum von Scheich Ibn Dschabal (nach anderen Quellen, Scheich Mu’alla Ibn Schukair), welches um 1288 gebaut wurde, finden.

Das Mausoleum von Ibn Dschabal bei Emmaus (Kanadapark).

Nach der Inschrift über dem Eingang, die heute verloren gegangen ist, wurde das Mausoleum von einem Herrscher der Zitadelle von Jerusalem, Dschaschankir (einem Minister der Mameluken) genannt Mankuwirs, gebaut. Die persönlichen Zeichen des Ministers – ein Dreieck innerhalb eines Kreises mit Krügen zu jeder Seite – sind noch immer über dem Eingang des Grabes sichtbar. (Siehe: Charles Clermont-Ganneau, Archeological Researches in Palestine, during the years 1873-1874, London, 1896, Bd. 1, S. 491-493, siehe hier; Moshe Sharon, Corpus Inscriptionum Arabicarum Palestinae, Bd. 1, Leiden-NY-Köln, 1997, S. 79-86, siehe hier).

Während der Epoche der Mameluken wurde es mühsam und gefährlich, eine Wallfahrt in das Heilige Land zu unternehmen. Viele heilige Stätten waren schwierig zu erreichen oder kaum erkennbar. Anfang 14. Jh. spricht der Dominikaner Franziskus Pippin von Bologna (Francesco Pipino) über die damalige Verwirrung bei der Identifizierung der Heiligen Orte:

Ich besuchte viele Orte im Heiligen Land, wo man Ruinen von Städten und Burgen sehen kann; es gibt auch viele Kirchen, von denen manche ganz und andere teilweise zerstört sind. Was die Namen dieser Städte und dieser Burgen und Kirchen betrifft, war ich nicht in der Lage, von irgendjemand Auskunft darüber zu bekommen. Da die Region weitgehend verwüstet ist, sind viele Namen der heiligen Orte aus dem Gedächtnis der Menschen verschwunden. Es gibt auch viele heilige, den Christen bekannte Orte, die ich nicht leicht erreichen konnte.

Tractatus de locis Terrae Sanctae, geschrieben 1320, unsere Übersetzung aus: T. Tobler, Dritte Wänderung nach Palästina, Gotha, 1859, S. 409, siehe hier.

Emmaus in Qubeibe

Während der Epoche der Mameluken verschwindet die Überlieferung von Emmaus in Abu Gosch allmählich und der große Teil der Pilger findet Emmaus in dem Dorf Parva Mahomeria (heute Qubeibe), welches von Kreuzfahrersiedlern während des 12. Jh. in einer Entfernung von ca. 6 km nördlich von Abu Gosch gegründet worden war. Unter der Mamelukenherrschaft hörten die Pilger auf, von Jerusalem aus durch En Kerem nach Emmaus zu ziehen, wie es zur Zeit der Kreuzfahrer Brauch war. Stattdessen reisten die Pilger von Ramla nach Jerusalem und zurück über die nördliche Straße durch Bait Nuba (das heutige Mewo Choron). Das an dieser Straße gelegene Dorf Qubeibe wurde als Emmaus identifiziert, um dem Wunsch der Pilger nachzukommen, auf dem Weg nach Jerusalem den Ort der Erscheinung Jesu zu besuchen. (Siehe: The Atlas of the Crusades, Jonathan Riley-Smith, Hrsg. NY 1991, S. 42, D. Pringle, The Churches of the Crusader Kingdom of Jerusalem, Cambridge, 1998, Bd. 2, S.S. 167-175, siehe hier; siehe auch: Häufig gestellte Fragen über Emmaus, Frage 7).

Der erste Nachweis von Emmaus in Qubeibe wurde von Forschern in einer französischen Beschreibung der heiligen Orte von ca. 1280 gefunden:

Und von da [Jaffa] nach Rames [Ramla], wo der hl. Georg zum Märtyrer geworden ist, liegen 4 Leugen; und von dort bis nach Betynoble eine schlechte Straße 3 Leugen entlang. Und 2 Leugen nach Emmaus, wo Jesus zu Kleopas gesprochen hat, und sie Ihn am Brechen des Brotes erkannten. Und von dort aus nach Montjoie 2 Leugen; und dort lag das Grab des Samuel, des Propheten. Und von dort aus zur Stadt Jerusalem liegen 2 Leugen guter Straße.

Pelrinages et pardouns de Acre, unbekannter Autor, unsere Übersetzung aus: Henri Michelant, Gaston Raynaud, Hrsg., Itinéreaires à Jérusalem, descriptions de la Terre Sainte, Genf, 1882, S. 229-230, siehe hier.

Die Kirche von Qubeibe heute

Auch der Name Nikopolis wird auf Qubeibe übertragen (Burchardus de Monte Sion, 1283, Ludolf von Sudheim, 1336, Alessandro Ariosto 1473, Felix Fabri 1418 und andere). Das Haus des Kleopas und sein Grab sind in Qubeibe zu finden (Herr von Caumont, 1418, Ulrich Brunner, 1470, Francesco Suriano, 1485). Man findet Modiin und die Gräber der Makkabäer in der Nähe von Qubeibe (Louis de Rochechouart, 1461, Bernhard von Breidenbach, 1483, Francesco Suriano, 1485).

Man sollte jedoch bemerken, dass, während sich Haus und Grab des Kleopas nach Qubeibe „bewegten“, dies mit der Quelle von Emmaus so nicht geschah. (Siehe: Byzantinische Epoche). Was Abu Gosch betrifft, wurde die Tradition der Wasserquelle von Emmaus während der Kreuzfahrerzeit dort angesiedelt, aber weder das Haus des Kleopas noch sein Grab wurden je an diesem Ort erwähnt.

Siehe: B. Bagatti, Emmaus-Qubeibeh, Franciscan Printing Press, Jerusalem, 1993, S.S. 4-30 für mehr Berichte von Pilgern über Qubeibe.

Detail einer mittelalterlichen Landkarte des Heiligen Landes, herausgegeben 1475 von dem deutschen Buchdrucker Lucas Brandis.

Emmaus wird in der Nähe von Jerusalem und Bet-El dargestellt. (Sammlung des Museums von Israel), siehe: „Holy Land in Maps, A. Tishby, Hrsg., Jerusalem, The Israel Museum, 2001, S. 78-79

Das neue Emmaus in Qubeibe entstand trotz der Tatsache, dass die Erinnerung von Emmaus im Ajalon-Tal in den muslimischen und jüdischen Überlieferungen anhielt. Die Moslems haben den alten Namen von Emmaus im Ajalon-Tal in seiner arabischen Form von Amwas, Amawas jahrhundertelang beibehalten.

1334 beschreibt Rabbi Isaak Chelo von Aragon seinen Besuch von Emmaus im Tal von Ajalon:

Der Weg, der von der Heiligen Stadt nach Jaffa an das Ende des Stammesgebietes von Dan führt, ist wie folgt: Von Jerusalem nach Zora, das Vaterland von Samson. Heute wird ist es Zura genannt und man zeigt hier das Grab von Samson. Es ist ein sehr altes Denkmal, auf dem der Kieferknochen eines Esels gezeichnet ist. Damit tötete Samson die Philister. Von da kommen wir nach Emmaus, einen Ort, der unseren Weisen gut bekannt ist, ihr Andenken sei gesegnet. Nun aber ist dies nicht mehr als ein armes Dorf mit einigen Ismaeliten, die in elenden Häusern leben. Da steht ein altes Grabmonument in Emmaus, es heißt, es sei das Grab eines christlichen Herrn, der im Krieg gegen den König von Persien fiel. Von Emmaus kommen wir nach Gimso, in die Heimat des Rabbi Nachum ...

Itinéraires de la Terre Sainte, Bruxelles, 1847, E. Carmoly, Hrsg., S. 245, unsere Übersetzung.

(Auch wenn gewisse Forscher diesen Text als Fälschung aus dem 19. Jahrhundert betrachten, beruht er doch unbestreitbar auf antiken jüdischen Überlieferungen).


Der Kadi von Jerusalem Mudschir Ed-Din schreibt Ende des 15. bis Anfang des 16. Jh.:

Amawas liegt nahe von Ramla in Palästina. Es liegt eineinhalb Barid [d. h. ca. 29 km] weit von Jerusalem entfernt.

Mudschir Ed-Din, Die Geschichte von Jerusalem und Hebron, unsere Übersetzung aus: Marmardji, Textes geographiques arabes sur la Palestine, Paris, 1951, S. 245

Einige christliche Pilger finden Emmaus auch im Tal von Ajalon:


Der französische Pilger Ogier IX von Anglure schreibt am Ende des 14. Jh.:

An demselben Freitag machten wir uns von Jaffa nach Rames [Ramla] auf. Rames ist eine schöne und gute Handelsstadt und dicht besiedelt. Ihre Einwohner sind Sarazenen. In dieser Stadt gibt es eine Kirche des hl. Georg. […] Ganz nahe davon liegt ein Dorf, genannt Emmaus, wo, wie es das Evangelium besagt, Pilger den Herrn am Ostertag, nach der Auferstehung, am Brechen des Brotes erkannten ….

geschrieben 1395-1396, unsere Übersetzung aus: Le Saint Voyage de Jherusalem du Seigneur d’Anglure, F. Bonnardot, A. Longnon, Hrsg., Paris, 1878, S. 12, siehe hier

Ein mittelalterlicher Pilger auf dem Weg ins Heilige Land (Aus dem englischen Werk „Information for Pilgrims unto the Holy Land“, herausgegeben ca. 1498 von Wynkyn de Worde).

Der spanische Franziskaner Antonio von Medina berichtet über seinen Besuch von Emmaus im Ajalon-Tal im Jahr 1512:

Nachdem wir fünf Tage [in Jaffa] verbracht hatten, kam der Kustos vom Berge Zion mit einem Brief für freies Geleit, einer Eskorte von Mameluken und den Pferden für alle. […] Um Mitternacht reisten wir nach Rama [Ramle] und kamen dort um 10h an. Ramla liegt sechs Leugen im Osten des Hafens von Jaffa. Nachdem wir die Maut gezahlt hatten […] brachen wir am nächsten Tag nach Mitternacht in Richtung der Heiligen Stadt von Jerusalem auf und reisten so fast zwei Leugen weit durch ein flaches und sehr trockenes Land und sahen zur Linken eine beachtliche Stadt namens St. Georg [Lod]. […] Nachdem wir noch zwei Leugen durch eine weite Ebene gereist waren, erreichten wir das Dorf von Emmaus. In diesem Dorf gab sich unser Herr zweien seiner Jünger am Brechen des Brotes zu erkennen. […] Von diesem Dorf Emmaus aus beginnen die Berge von Jerusalem, die hoch und sehr schroff sind. Weiter unterwegs nach Jerusalem, erreichten wir das Obere und das Untere Bet-Choron, die vom hl. Hieronymus in seiner Beschreibung von der Reise der hl. Paula und der hl. Eustochium erwähnt werden, als sie in das Heilige Land kamen …

Antonio de Medina, Tratado de los misterios y estaciones de la Tierra Sancta, veröffentlicht in Salamanca, 1573, S. 9-12, unsere Übersetzung, siehe den Originaltext hier.

Man beachte, dass Fra Antonios Wallfahrt vom Kustos des Berges Zion begleitet wurde, das heißt vom Haupt der franziskanischen Kustodie des Heiligen Landes. Die Franziskaner wurden während des 14. Jh. zu den offiziellen Wächtern der heiligen Orte. Obwohl es in ihre Gewohnheit war, die Pilger meistens nach Qubeibe zu bringen, erkennen wir aus dem Bericht von Fra Antonio, dass die Emmaus-Frage von der Kustodie Anfang des 16. Jh. noch nicht eindeutig gelöst worden war. Siehe: P. Duvigneau, Emmaüs, le site - le mystère, Paris, 1937, S. 98-101, siehe hier).

Jesus mit zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, aus einer 15. Jh. holländischen Handschrift, „Bible historiale Néerlandaise“, Königliche Bibliothek Belgiens, Brüssel.

Schon während der Epoche der Kreuzfahrer sprachen die Pilger von Latrun als Modiin. Diese Tradition setzte sich während der Epoche der Mameluken fort, als einige Pilger dorthin kamen, um die Gräber der Makkabäer zu verehren. In der Nähe wurde auch eine Karawanserai (ein Khan) errichtet.


Der italienische Franziskaner Niccolò von Poggibonsi schreibt Mitte des 14. Jh.:

Wenn man aus Rama [Ramla] auf dem Weg nach Jerusalem herauskommt, geht man nach Südosten bis zu einer Herberge, genannt „Khan“, und beginnt dann mit dem Aufstieg. Zur Rechten liegt ein kleiner Berg, mit Ruinen von Häusern, wo einmal ein Dorf lag: und aus diesem Ort kam Mattatias, der Vater der Makkabäer; und hier waren die Makkabäer begraben und ihr Grab ist noch zu sehen. Der besagte Berg heißt Modiin. Hier gibt es einen Ablass von VII Jahren und LXX Tagen. An der besagten Straße findet man eine Meile weiter, zur Linken, eine Straße, fünf Meilen von Jerusalem entfernt: und wenn man diese Straße drei Meilen entlang geht, findet man ein Dorf namens Emmaus [Qubeibe], wo Christus, in Gestalt eines Pilgers zwei Jüngern, die unterwegs waren, erschienen ist. Hier gibt es einen Ablass von VII Jahren.

unsere Übersetzung von: Libro d’oltramare di fra Niccolò da Poggibonsi, Alberto Bacchi della Lega, Hrsg., Bologna, 1881, Bd. 1, S. 29-31, siehe hier.


Eine ähnliche Anmerkung finden wir auch bei einem anonymen Franziskaner, um ca. 1463:

13 Meilen [ca. 21 km] westlich von den Bergen von Judäa [d.h. von Ein Karem] findet man Modiin, die Stadt der Makkabäer, wo deren Gräber von den Sarazenen sehr verehrt werden …

unsere Übersetzung aus: Revue de L‘Orient Latin, XII, 1909-11, S. 36, siehe hier; siehe auch hier: Vincent & Abel, Emmaüs, S. 373


Später, in der Epoche der Osmanen, wurde die Kirche von Emmaus wohl als Grabplatz der Makkabäer verehrt. Diese Tradition könnte sich schon während der Zeit der Mameluken von Latrun nach Emmaus verlagert haben.